#stadtgewaechs: das neue Umweltbildungszentrum Augsburg
Zukunft nachhaltig gestalten
Wie kann sich eine Gesellschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit transformieren? Die Bewältigung der durch den Klimawandel und den Rückgang der biologischen Vielfalt ausgelösten globalen Herausforderungen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Auch in Augsburg stellen wir uns die Frage, wie eine nachhaltigere und zukunftsfähige Stadt aussehen kann. Ein Gastbeitrag der Umweltstation Augsburg.
Die in den „Augsburger Zukunftsleitlinien“ festgelegten selbstgesteckten Nachhaltigkeitsziele der Stadt sind zurecht ambitioniert und können von der Stadtgesellschaft nur gemeinsam erreicht werden. Ein wichtiger Baustein ist dabei „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ – ein ganzheitliches Bildungskonzept, das Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt.
Am Botanischen Garten entsteht gerade das neue Augsburger Umweltbildungszentrum – nach seiner Fertigstellung im Jahr 2022 wird es mit seinen Veranstaltungsangeboten ein räumlich fassbarer Kristallisationspunkt für den Weg zu mehr Nachhaltigkeit in Augsburg werden. Bauherrin des Umweltbildungszentrums ist die Stadt Augsburg und es wird die neue Heimat der 2007 gegründeten Umweltstation Augsburg. Das auf bis 1.500 Veranstaltungen pro Jahr ausgelegte Umweltbildungszentrum wird eine Plattform zur Vernetzung unterschiedlicher Akteure, die an der Diskussion über nachhaltige Entwicklung teilhaben wollen und ein wichtiger Baustein der Lokalen Agenda 21.
„Gerechtes Maß“ bei Planung und Bau
Nachhaltigkeit wird nicht nur Thema der zukünftigen Veranstaltungen – sie spielt auch schon in der Planungs- und Bauphase eine wichtige Rolle. Ein zentrales Bewertungskriterium des 2016 gestarteten Architektur-Wettbewerbs für das Umweltbildungszentrum war die „Suffizienz“ – d.h. das gerechte Maß für den Flächen- und Materialeinsatz. Mit Hilfe einer speziell entwickelten Planungshilfe ist es möglich, alle sogenannten „Umweltkosten“ zu internalisieren, um den Ressourcenverbrauch für die beim Bau verwendeten Materialien und für den späteren Betrieb des Gebäudes möglichst klein zu halten.
Seit Anfang 2021 nimmt das hauptsächlich mit Holz und Lehm gebaute Umweltbildungszentrum nun langsam Gestalt an. Drei jeweils 30 m lange Innenwände aus Stampflehm umschließen das zentrale Foyer und gliedern das Gebäude in drei unterschiedlich genutzte Teilbereiche. Neben dem optischen Eindruck der Lehmwände, der gut mit der Holzbauweise des Gebäudes harmoniert, haben die Lehmwände auch einen konkreten praktischen Nutzen – sie wirken sich positiv auf das Raumklima im Gebäude aus und helfen, den ökologischen Fußabdruck des Gebäudes möglichst gering zu halten.
Anders als Beton verbraucht Lehm so gut wie keine sogenannte „graue Energie“ – also die meist fossile Energie, die für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung aufgewendet werden muss. Die Lehmwände und später auch der Lehmboden des Umweltbildungszentrums sind zu 100% recyclebar und das Material kann immer wieder zerkleinert, mit Wasser vermischt und erneut verwendet werden. Lehm ist einer der ältesten Baustoffe überhaupt und weltweit leben heute noch 1/3 der Weltbevölkerung in Lehmhäusern. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Einpreisung des CO2-Verbrauchs in Produktionsketten kann davon ausgegangen werden, dass sich der klima- und ressourcenfreundliche Lehmbau in den nächsten Jahren auch bei uns wieder verstärkt durchsetzen wird, denn die Zementindustrie ist weltweit einer der größten Emittenten von Kohlendioxid – wäre sie ein Land, so läge sie in dieser Rangliste hinter den USA und China auf Platz 3. Das Ringen um nachhaltigere und gleichzeitig praktikable Lösungen in der Planungs- und Bauphase des Umweltbildungszentrums steht bespielhaft für das, was auch später die Aufgabe des Gebäudes sein wird.
Vom Wissen zum Handeln
Das Umweltbildungszentrum wird nach seiner Fertigstellung im Herbst 2022 ein Ort, in dem Abwägungsprozesse und die notwendigen Kompromisse hin zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft mehrperspektivisch und partizipativ aufbereitet und diskutiert werden können. Leitbild ist dabei die Suche nach dem „gerechten Maß“ – was voraussetzt, dass wir abschätzen, wie sich unser Handeln auf künftige Generationen und das Leben in anderen Weltregionen auswirkt. An wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen über die Ursachen der globalen Herausforderungen mangelt es nicht – leider jedoch an Kompetenzen, daraus tragfähige Lösungen abzuleiten und in Handlungen zu überführen.
Bei vielen Nachhaltigkeitsthemen gibt es zwar einen gesellschaftlichen Konsens darüber, wie „richtiges“ Handeln aussähe, aber oft ist eine „einfache“ sachgerechte Beurteilung von Handlungsalternativen nicht möglich. So haben beispielsweise Plastiktüten bei langer Nutzung und fachgerechter Entsorgung eine bessere Ökobilanz als Papiertüten – oder Verbraucher sollen mit Hilfe von Siegeln für fairen Handel in die Lage versetzt werden, mit ihrer Kaufentscheidung z.B. Kinderarbeit zu unterbinden. Manchmal sind diese Siegel aber nicht an die Verhältnisse vor Ort angepasst und beseitigen auch nicht die Ursache des Problems, z.B. nicht angepasste Agrarsubventionen.
Zentraler Ort für zentrale Themen
Die Veranstaltungen im zukünftigen Umweltbildungszentrum gehen deswegen über die Vermittlung von reinem Faktenwissen hinaus und vermitteln Kompetenzen, das Wissen über nachhaltige Entwicklung auch anzuwenden. Diese Gestaltungskompetenz umfasst die Fähigkeit zu vorausschauendem Denken, autonomen Handeln und zur Partizipation an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen. Unter dem Leitbild „Zukunft nachhaltig gestalten“ sind dabei biologische Vielfalt, Landschaftsentwicklung und die nachhaltige Nutzung von Ressourcen die Themenschwerpunkte der Führungen, Kindergeburtstage, Seminare, Vorträge, Unterrichtseinheiten oder Ferienprogramme.
Das Umweltbildungszentrum wird Bürger*innen und Unternehmen die Möglichkeit geben, Methoden zur Verringerung ihres ökologischen Fußabdrucks auszuprobieren und zu diskutieren. Als außerschulischer Lernort wird das Umweltbildungszentrum lehrplankonforme Angebote für Schulen und Kindergärten bereithalten und ein wichtiger außerschulischer Partner der Stadt bei der Einrichtung von Ganztagsangeboten in allen Schularten sein.
Aufgrund seiner Lage am Rand des Stadtwalds wird das Umweltbildungszentrum auch Aufgaben eines Informationszentrums für das Naturschutzgebiet Stadtwald Augsburg wahrnehmen – immerhin eines der größten und artenreichsten Naturschutzgebiete in Bayern. Ziel ist es, die Stadtwaldbesucher*innen für diese landschaftlich schöne und aufgrund ihrer biologischen Vielfalt und Geschichte einzigartige Kulturlandschaft zu begeistern. Nicht zuletzt wird auch das Thema „Wasser in Augsburg“ eine Rolle spielen – das Umweltbildungszentrum wird eines der dezentralen Informationszentren für das Augsburger Welterbe, das LIFE-Projekt „Stadt-Wald-Bäche“ und das Fluss-Revitalisierungsprojekt „Licca liber“. Die Schwerpunkte liegen hierbei auf der Darstellung der Funktionen des Bach- und Kanalsystems, der historischen und aktuellen Trinkwasserversorgung, moderner Strategien nachhaltiger Wassernutzung und dem zukünftigen Umgang mit der Ressource Wasser.
Bei maximaler Auslastung werden mit den Veranstaltungen im Umweltbildungszentrum jedes Jahr rund 15.000 Bürger*innen aus Augsburg und der Region erreicht werden können – dies entspricht etwa 5% der Einwohner Augsburgs. Gut „durchmischte“ 5% der Bevölkerung reichen übrigens aus, um eine Gesellschaft in jede Richtung zu verändern – daran wollen wir uns beim Weg zu mehr Nachhaltigkeit und in eine zukunftsfähige Stadtgesellschaft orientieren. Seien auch Sie dabei!
Weitere Informationen:
https://us-augsburg.de/umweltbildungszentrum/
https://www.facebook.com/UmweltstationAugsburg
Dieser Artikel ist Teil unserer Kampagne für mehr Nachhaltigkeit in der Region. Alle Infos zu unseren Maßnahmen, zu Kampagne, Events und Gewinnspielen finden sich unter #stadtgewaechs.